Biologische Station im Kreis Wesel e.V.

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Wir engagieren uns für die Natur.

Die Frühblüher kommen!

Die dunkelsten Wochen des Jahres liegen mit November und Dezember gerade hinter uns und ja – man merkt es bereits: die Tage werden wieder länger, nach immerhin inzwischen über drei Wochen seit der Wintersonnenwende. Draußen sieht freilich noch alles kahl und grau aus. Doch unvermittelt wird der Blick von einem in zartem Gelbgrün leuchtenden Strauch gefangen. Mancher fragt sich, was denn da schon wieder aus dem Gleichgewicht geraten sein mag... Aber nein – "Das gehört so!"

Foto: Männlicher Blütenstand der HaselWie jedes Jahr ist sie die Erste, die Gemeine Hasel (Corylus avellana): Bereits im Januar, bisweilen sogar schon im Dezember, erscheinen ihre Blütenstände. Was dort so auffällig hellgrün baumelt, sind die männlichen Blüten der Pflanze – die manchmal als "Kätzchen" bezeichneten Blütenstände sind in Wirklichkeit also Kater. Die weiblichen Blüten der Hasel sind viel kleiner und unauffälliger, befinden sich aber am selben Strauch. Die Hasel ist somit "einhäusig zweigeschlechtlich", wie der Botaniker dieses Zwitterdasein nennt.

Foto: Weibliche Blüte der HaselWer so früh blüht, darf natürlich nicht auf Insekten als Bestäuber hoffen. Konsequenterweise und zum Leidwesen vieler Allergiker wird die Hasel vom Wind bestäubt. Im Februar ist es so weit: Die Kätzchen (Katerchen...) strecken sich, geben den ersten gelben Pollen ab und läuten damit gemäß Phänologiekalender den Vorfrühling ein. Das hört sich doch schon einmal gut an im Ohr eines jeden Wintermuffels, oder?

Der Phänologiekalender teilt die Jahreszeiten aufgrund von periodisch wiederkehrenden Phänomenen bei der Pflanzenentwicklung ein, was dazu führt, dass der Frühling nicht jedes Jahr am gleichen Datum startet. (In Grenzen) unabhängig vom Datum berücksichtigt dieser Kalender die individuellen Witterungsaspekte jeden Jahres, die andere Kalender nicht beachten. Besonders übersichtlich machen es sich hier die Meteorologen: Ab 1. März ist Frühling und jede Jahreszeit dauert genau 3 Monate – Punkt.
Was für Meteorologen sinnvoll ist, ist für andere kaum praktikabel. Imker zum Beispiel orientieren sich stark an dem Phänologiekalender, ist es für ihre Bienenvölker doch entscheidend, welche Pflanzen wann im jeweiligen Jahr Blütentracht tragen. Die Natur lässt sich eben nicht in ein Schema pressen.

Foto: Blühende BuschwindröschenDie Hasel macht den Anfang, doch lange bleibt sie nicht allein mit ihren Blüten. Im Februar kommt die Schwarz-Erle dazu, die im Erscheinungsbild der Hasel jetzt noch sehr ähnelt. Winterling, Gänseblümchen und Hirtentäschel folgen. Im März nimmt die Entwicklung der Pflanzenwelt dann schon richtig Fahrt auf: Huflattich, Krokus, Schlehe, Schneeglöckchen, Märzenbecher, Scharbockskraut und Buschwindröschen sind wohl die bekanntesten Frühblüher, die für ihre Fortpflanzung sorgen, bevor größere Pflanzen sich als Konkurrenten um das Sonnenlicht mit ihrem Blattwerk breit machen.

Also frohlocket, der Frühling ist nah, oder wie es - mit treffsicherem botanischen Auge und gewohnt poetisch - Johann Wolfgang von Goethe beschrieben hat:

Foto: Blüte des Gänseblümchens"Das Beet schon lockert sich's in die Höh',
Da wanken Glöckchen so weiß wie Schnee;
Safran entfaltet gewalt'ge Glut,
Smaragden keimt es und keimt wie Blut.
Primeln stolzieren so naseweis,
Schalkhafte Veilchen versteckt mit Fleiß;
Was auch noch alles da regt und webt,
Genug, der Frühling er wirkt und lebt."

[Anmerkung: Safran = Krokus, auch die fadenförmigen Blütennarben als Gewürz; wobei allerdings die das Gewürz liefernde Art im Herbst blüht]

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