Biologische Station im Kreis Wesel e.V.

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Attraktive Frühlingsbotin: Die Wiesenprimel

Sex ist vielleicht die schönste Nebensache der Welt - auch bei Primeln. Primeln oder Schlüsselblumen besitzen zwar wie die meisten Blumen zwittrige Blüten, also solche, die sowohl weibliche Fruchtknoten als auch männliche Staubbeutel aufweisen. Bei genauerem Hinsehen wird man aber feststellen, dass es innerhalb eines Bestandes zwei Typen von Blüten gibt.

Foto: PrimelZunächst gibt es einen solchen, bei dem die Narbe auf einem langen Griffel weit über dem Fruchtknoten sitzt und fast aus der Blütenröhre herausschaut; die Staubbeutel erreichen nur etwa die Hälfte der Höhe der Narbe. Beim zweiten Typ sind diese Blütenmerkmale genau umgekehrt ausgebildet: kurzer Griffel, aber weit oben sitzende Staubbeutel. Insekten, die den Eingang der Blütenröhre besuchen, werden beim kurzgriffligen Typ von den dort vorhandenen Staubbeuteln relativ weit hinten mit Pollen beladen; nur beim langgriffligen Typ treffen die an dem Insekt haftenden Pollenkörner auf die sich an vergleichbarer Position befindende Narbe. Der langgrifflige Typ mit seinen tief stehenden Staubbeuteln bestäubt entsprechend den kurzgriffligen, und zwar durch Beladen der Insekten relativ weit vorn an deren Körper.

Sinn und Zweck solch ausgeklügelter Mechanismen ist es, die Selbstbestäubung einer Blüte zu unterbinden und so eine möglichst große genetische Vielfalt zu erhalten.

Foto: Blütendolde der PrimelIhren Namen hat die Schlüsselblume wohl daher, dass die in Dolden stehenden Blüten wie Schlüssel an einem Schlüsselbund erscheinen. Den Menschen fiel sie als erste Blume im Frühjahr auf, wenn sie die Wiesen mit Ihrem Gelb verschönerte. Schon der wissenschaftliche Name Primula veris, deutet auf die zeitige Blüte hin: Primula ist die Verkleinerungsform vom lateinischen prima, die Erste, veris leitet sich von ver, der Frühling ab. So heißt Primula veris wörtlich "die kleine Erste des Frühlings". Am klimatisch günstig gelegenen Niederrhein kann man bereits Ende März die ersten offenen Primelblüten finden, jedoch liegt die Hochblüte in der zweiten Aprilhälfte.

Nun aber zum Lebensraum der Primula veris: Sie findet sich in Kalk-Magerrasen und nicht zu nährstoffreichen Wiesen und Weiden, deren Böden basenreich und möglichst kalkhaltig sind. Darüber hinaus bevorzugt sie wärmere Standorte und siedelt verstärkt an sonnenexponierten Böschungen. Als Frühblüher hat die Wiesenprimel eine besondere Bedeutung für Insekten. Im nordrhein-westfälischen Tiefland liegt ein deutlicher Schwerpunkt in den Auen des Niederrheins sowie dem Unterlauf der Lippe, somit also im Gebiet des Kreises Wesel.

Primula veris gehört nicht zu den allerseltesten Arten der niederrheinischen Flora - noch nicht. Als Besucher der niederrheinischen Landschaft haben Sie immer noch die verhältnismäßig große Chance, diese Pflanze in Beständen, insbesondere an den Böschungen der Altdeiche zu sehen. Dort können Sie im Frühling selbst nachschauen, wie es sich mit dem Sexualleben der Schlüsselblume verhält...

Foto: Primelbestand Foto: Primelbestand an Deichböschung

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