Zugegeben, Meister Lampe persönlich hat die längsten Ohren und schlägt die schönsten Haken, aber er hat durchaus ernst zu nehmende Konkurrenz. Denn unter den fliegenden Säugern gibt es jemanden, der ihm nacheifert und ihn sogar um Längen schlägt, wenn es um die relative Länge der Ohren geht. Denn die ist bei den Langohr-Fledermäusen richtig beeindruckend, werden die Ohren doch fast so lang wie der Körper!
Die für Fledermausverhältnisse großen Augen, die riesigen Ohren und die Stupsnase verleihen dem Langohr ein wahrhaft freundliches, fast schelmisches Gesicht und machen es zur attraktivsten Fledermaus in unseren heimischen Gefilden. Übrigens umfasst die Gattung der Langohren in Europa nicht nur eine, sondern 6 Arten, von denen vier erst in den letzten etwa 10 Jahren als eigenständige Arten erkannt worden sind. Zwei Langohrarten kommen bei uns am Niederrhein vor, zum einen das ausgesprochen seltene Graue und das häufigere Braune Langohr (Plecotus auritus), das hier genauer vorgestellt werden soll.
Braune Langohren leben vorwiegend in Laub- oder Mischwäldern, wo sie ihre Tageseinstände (Quartiere) in Baumhöhlen beziehen. Gerne nutzen sie auch Fledermaus- und Vogelkästen, die sie im Gegensatz zu anderen Arten sehr schnell annehmen. Doch nicht nur im Wald findet man das Braune Langohr, sondern auch in Gebäuden; vor allem Kirchendächer werden gerne besiedelt.
Ob Baumhöhle oder Dach, Langohren leben immer in kleinen Gruppen, die selten mehr als 20 Tiere umfassen und die nur von Weibchen gebildet werden. In diesen Gruppen ("Wochenstubengemeinschaften") gebiert jedes Weibchen im Juni ein einzelnes Junges, das nach etwa drei Wochen flugfähig ist. Schon im August suchen die Tiere dann Quartiere auf, die später im Jahr als Winterquartier geeignet sind. Diese Quartiere, etwa Höhlen oder hier am Niederrhein alte Gebäude und Keller, befinden sich meist in der Nähe der Sommerlebensräume, denn Langohren gelten als ortstreu und unternehmen keine längeren Wanderungen. An den späteren Winterquartieren treffen Männchen und Weibchen zusammen, paaren sich und gehen danach wieder getrennte Wege.
Erst wenn es im Herbst stärkeren Frost gibt, fliegen die als kältehart geltenden Langohren in die Winterquartiere ein. Dort sind sie dann zwar selbst in kleinsten Quartieren regelmäßig anzutreffen, bleiben aber immer recht selten. In unseren Weseler Winterquartieren sind kaum einmal mehr als vier oder fünf Langohren zu finden, wobei es zwei interessante Ausnahme gibt: In der ehemaligen Feuerleitstelle in Sonsbeck, einem recht kleinen Winterquartier waren von 12 schlafenden Tieren 7 Braune Langohren! In einem ehemaligen Bunker im Hünxer Wald - ein etwas größeres Quartier - waren von 10 Winterschläfern ebenfalls 7 Braune Langohren.
Braune Langohren gehören zu den geschicktesten Luftakrobaten, die sogar auf der Stelle rüttelnd in der Luft "stehen" können. Ihre breiten und kurzen Flügel lassen zwar keinen schnellen Flug zu, dafür aber einen um so wendigeren. Dicht an der Vegetation entlang suchen sie bevorzugt an Waldrändern, Lichtungen und Schneisen nach Nahrung, die vor allem aus Nachtfaltern der Gruppe der Eulen besteht. Mit ihrem unglaublich guten Gehör können sie sogar Beutetiere erkennen, die nahezu reglos auf Blättern sitzen, weshalb auch Spinnen, Weberknechte und Fliegen immer wieder in der Nahrung gefunden werden.
Übrigens: Langohren zählen zu den langlebigsten Fledermausarten; man hat ein Höchstalter von 30 Jahren festgestellt.
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